Radeln für’s Klima 2020 – ein Rückblick
Von Windkraft und Photovoltaik bis Holzrahmenbau gab es beim „Radeln fürs Klima“ viel Wissenswertes zu erfahren, gleichzeitig konnten die 20 Teilnehmer unterwegs auf dem Drahtesel die Natur genießen.
Zu der Ausfahrt hatte die Klimagruppe Rüthen eingeladen und zeigte sich damit solidarisch mit einer bundesweiten Aktion, an der sich Städte und Kommunen beteiligen konnten.
Fahrradfahren liegt im Trend, ist umweltfreundlich und mit Abstand kann man die nahe und auch fernere Umgebung erkunden und immer wieder Neues entdecken.
Beim „Radeln fürs Klima“ hatten die Organisatoren eine Tour um Rüthen ausgesucht. An verschiedenen Stationen konnten die Teilnehmer interessante Dinge rund um das Thema Klima und Umweltschutz erfahren und auch manchen Blick hinter die Kulissen oder beispielsweise auch in einen Windradturm werfen.
Die erste Station: Windrad RU42
Nach dem Start in Rüthen war ein Windrad in der Meister Feldflur die erste Station der Klimaradler. Dort wurden sie von Maximilian Untiedt empfangen, der an der Anlage RU42 (das 42. Windrad im Stadtgebiet Rüthen) viele Zahlen und Fakten für die Besucher bereit hatte. Der Turm ragte imposant in die Höhe. Die genannten 199 Meter vom Boden bis zur Flügelspitze beeindruckten dann aber nochmal.
Bis zur Rotorspitze sind es 141 Meter, die Flügel sind über 50 Meter lang. Neben 1.000 Tonnen Beton und 1.000 Tonnen Turm sind oben weitere 200 Tonnen Technik zur Stromerzeugung verbaut.
Betrieben wird das Rad von der Windenergie Ettingerhof GmbH&CoKG als eine von mehreren Anlagen, von denen jede acht Millionen KWh leistet und gut 2.000 Haushalte versorgen kann. Im Vergleich zu den ersten Windrädern haben moderne Anlagen die sechsfache Leistung und erzeugen die zehnfache Energie, machte Maximilian Untiedt den technischen Fortschritt deutlich. Der Aufbau des Windrades habe rund eine Woche gedauert, aber auch die Planung und Genehmigung war aufwendig.
Ausschreibungen machen heute das Aufstellen von Windkraftanlagen noch schwieriger, was angesichts des gewünschten Wandels zu Erneuerbaren Energien verwundert. Für einen Standort heißt es: je höher, desto besser, erklärte Untiedt. Die Speicherung sei angesichts der erzeugten Strommengen bei Windrädern noch schwierig. In Zeiten geringer Stromnachfrage – bespielsweise Sonntagmorgens – werden Windräder auch aufgrund möglicherweise negativer Strompreise abgestellt, erfuhren die Teilnehmer. Deshalb stehen manchmal die Windräder still, obwohl der Wind weht. Maximilian Untiedt sieht eine Lösung in intelligenten Netzen, in denen beispielsweise Kühlungen vorwiegend abends laufen und Elektroautos über Nacht aufgeladen werden.
Neben den Informationen beeindruckte auch ein Blick in das Innere des Windrades. Von dort sieht es beim Blick hoch in den Turm für manchen noch größer aus. Mit einem Aufzug können zwei Personen zu der Technik und den Flügeln hochfahren, die Besuchergruppe blieb aber am Boden und ließ sich weitere praktische Dinge von dem Fachmann erklären.
Fotos: Marcus Cloer
Nachhaltigkeit beim DPSG Diözesanzentrum Eulenspiegel
Interessant war es nach einer Etappe den Eulenspiegel hinauf auch in dem DPSG Diözesanzentrum, wo Gisela Hölscher die Radler in der Kapelle St. Georg empfing. Ihr Thema war die ökologische und nachhaltige Bewirtschaftung des Hauses.
46 Betten und mindestens 800 Personen auf dem Zeltplatz stehen dort als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung, für die Gäste gibt es Hinweise zum Wasserverbrauch und zum Lüften. Besonders wird die ökologische Bewirtschaftung beim Essen deutlich. Es wird selber gekocht, das Gulasch selber geschnitten und das selbstgebackene Brot sei ein Höhepunkt beim Abendessen, berichtete Gisela Hölscher.
Nahrungsmittel von mutmaßlich ausbeuterischen Konzernen sind auf dem Eulenspiegel tabu. Auch Marmelade wird selber gekocht, aus frischen Früchten und Gelierzucker, wie Oma es schon gemacht hat.
Da bei manchen guten Nahrungsmitteln aber die strengen Auflagen der Biozertifizierung nicht erfüllt werden, weil man sie beispielsweise aus bekanntem, aber nicht zertifiziertem Anbau vor Ort bekommt, kapitulierte die Hausleitung vor der Bürokratie und verzichtete auf das Siegel. „Das Essen ist aber das gleiche wie vorher“, denkt Gisela Hölscher praktisch und hatte noch ein Beispiel: „Wir haben keine Fritteuse, bei uns gibt es Braten, Rotkohl und Kartoffeln.“
Hüske berichtet über Bau der Kapelle St. Georg
Das machte dann auch Hunger auf einen kleinen Imbiss, mit dem sich die Gruppe stärkte, ehe Zimmermeister Franz-Josef Hüske von dem Bau der Kapelle St. Georg berichtete. Nach dem Sturm Kyrill war die zuvor bewaldete Fläche am Diözesanzentrum frei. Nach der Entscheidung für die Gestaltung der Kapelle in Form drei ineinandergreifender Würfel konnte dies in Holzrahmenbauweise gut umgesetzt werden.
Die Technik bringt die notwendige Statik und ist durch Verwendung des Rohstoffes Holz nachhaltig. Neben massiven Balken können auch Späne und Cellulose für Platten und als Füllmaterial verwendet werden. Die Zimmerei Hüske ist im Holzrahmenbau ein Spezialist und konnte bei dem Bau der Kapelle auch anspruchsvolle Geometrie als ortsnaher Handwerksbetrieb umsetzen.
Dafür wurde der Betrieb mit einem deutschlandweit ausgeschriebenen Preis ausgezeichnet, die Kapelle dient auch aus statischer Sicht für Bauherren als Musterobjekt und wird von ihnen besichtigt. Ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2, erklärte Franz-Josef Hüske den nachhaltigen Effekt der gewählten Bauweise. Für die Kapelle St. Georg wurden 100 Kubikmeter verwendet, was der Tagesleistung eines Harvesters und dem halben Tageswerk des Sägewerkes Fisch entspreche.
Als nachwachsender Rohstoff entsteht die Menge in den deutschen Wäldern gleichwohl in 22 Sekunden, rechnete Hüske vor. Er hatte anschauliche Bilder von dem Bau der Kapelle mitgebracht und beantwortete viele Fragen der Klimaradler. Von dem Borkenkäfer und dem Klimawandel ist der Wald bei uns besonders betroffen. Holz werde aber auch künftig verfügbar sein, sieht Hüske eine Zukunft und wachsende Bedeutung für den Holzrahmenbau.
Auf Nachfrage aus der Gruppe bedauerte er, dass dies bei öffentlichen Ausschreibungen wie für Kindergärten und Feuerwehrhäuser noch zu selten berücksichtigt werde. Die Zeit laufe aber für nachhaltige Bauweise, die qualitativ mit herkömmlichen Methoden wie Stein oder Beton nachweislich mithalten könne.
Besichtigung Waldfläche Förderverein Zukunftswald
Vom Eulenspiegel hinunter ins Bibertal besichtigte die Gruppe eine Waldfläche, die nach Rodung eines Fichtenbestandes von dem Förderverein Zukunftswald wieder aufgeforstet werden soll. Auf 4 ha möchte der Verein 3.000 Bäume pflanzen. Um den jungen Setzlingen zu helfen, sollen sie im Schatten von Baumstammresten in den Boden gebracht werden. Besonders in den ersten Jahren sind Pflege und ein Freischneiden wichtig. Der Förderverein Zukunftswald lädt zu Pflanztagen am 7. und 21. November 2020 im Bibertal ein, zu dem sich Interessierte anmelden können – weitere Infos hier
Fotos: Marcus Cloer
Bürgersolaranlage Hankerfeld
Zum Abschluss der Fahrradtour wurde die Bürgersolaranlage im Möhnetal besichtigt. Sebastian und Thomas Pflug und Hans-Peter Oesterhoff von der betreibenden Bürgerenergie-Genossenschaft empfingen die Besucher und öffneten gerne die Tore der Anlage, von der sie viele Zahlen zu berichten hatten. Die installierten 1.500 kwp produzieren 1,5 Millionen Kilowattstunden und können rund 400 Haushalte versorgen.
Die Verkabelung der Module, Wechselrichter und Einspeisestation wurde erklärt, dabei war noch interessant, dass die Fläche auf einer ehemaligen Deponie landwirtschaftlich nicht nutzbar war. Stadt und Politik unterstützen daher die Errichtung einer Bürgerenergieanlage als sinnvolle Nutzung und baten Thomas und Sebastian Pflug um die Projektierung. 2013 ging die Anlage in Betrieb.
Von der abwechslungsreichen Fahrradtour waren die Teilnehmer beeindruckt. Mit vielen Informationen und einigen geradelten Kilometern auf dem Tacho ging es zurück in die Bergstadt.
Das nächste Treffen der Klimagruppe ist am Mittwoch den 7. Oktober um 18:00 im Cafe Auszeit – jede/r Interessierte ist herzlich willkommen!
Fotos/Text: Marcus Cloer
Fotos: Marcus Cloer